Schale beim Pferd - eine häufige Ursache für Lahmheit

Als Tierärztin und Springreiterin sind lahmende Pferde für mich keine Seltenheit: Bei der tierärztlichen Untersuchung, beim Training oder beim Zurückbringen von der Koppel fällt auf, dass das Pferd beim Laufen nicht mehr gleichmäßig belastet wird. Die Ursachen für einen steifen Gang, eine deutliche Lahmheit oder auch sichtbare und fühlbare Schwellungen können sehr unterschiedlich sein. Neben akuten Verletzungen sind es häufig chronische Knochenveränderungen, die zu einer schmerzhaften Reizung des Pferdebeins führen. Ein „Klassiker“ in der Lahmheitsdiagnostik beim Pferd ist hier die sogenannte Schale.

Was ist Schale beim Pferd?

Die Schale beim Pferd äußert sich je nach Ausprägung und Lokalisation unterschiedlich. Die Ursache ist jedoch meist ähnlich: Durch Überlastung oder einen mechanischen Reiz entsteht ein Schaden, der eine Fehlbildung von Knochengewebe auslöst. Tritt eine solche unerwünschte Knochenwucherung (Exostose) im Bereich der Zehen auf, spricht man von einer Schale.

Wenn der Knochen krankhaft wuchert, kommt es zu Bewegungsstörungen und das Pferd lahmt. Sind Huf- oder Kronbein betroffen, spricht man von einer „tiefen Schale“, während Knochenwucherungen an Fessel- oder Kronbein als „hohe Schale“ bezeichnet werden. Entscheidend für die Prognose ist auch die Nähe zum Gelenk.

Gelenknahe oder artikuläre Schale - ein Unterschied mit Folgen

Deshalb unterscheidet man die gelenknahe (periartikuläre) von der gelenkübergreifenden (artikulären) Schale. Bei der artikulären Form gelangen die Knochenwucherungen schnell an die Gelenkfläche und lösen dort chronische Entzündungsprozesse aus. Dadurch wird der Gelenkknorpel langsam zerstört und das betroffene Gelenk verknöchert zunehmend. Eine Schale am Gelenk ist für das Pferd meist schmerzhafter und führt zu stärkerer Lahmheit. Hält die Reizung des Gelenks an, kann es zu einer vollständigen Verknöcherung des Gelenks kommen. Schmerz und Lahmheit lassen dann nach, es bleibt jedoch eine eingeschränkte Beweglichkeit mit einem stumpfen Gang.

Schale Ursachen: Überlastung, Verletzung, Reizung

Neben einer mechanischen Reizung kann auch eine Entzündung im Gelenkbereich die Ursache sein. Weitere Faktoren, die solche sogenannten „arthrotischen Veränderungen“ begünstigen, sind

     •  Zu frühe Belastung des noch wachsenden Knochens

     •  Prellungen oder Verstauchungen

     •  Überlastung und Fehlstellung

Durch Überlastung werden die ansetzenden Bänder und Sehnen falsch belastet und dadurch ständig gereizt. Pferde, die häufig abrupten Stopps und Wendungen ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko für eine Schalenbildung. Darüber hinaus kann jede Verletzung der Knochenhaut, z. B. durch einen Tritt oder eine Drahtverletzung, zu einer Knochenwucherung führen.

Klassische Schale-Risikopatienten sind

     •  Ältere, stark beanspruchte Pferde

     •  Jungpferde mit gestörtem Knochenstoffwechsel

     •  Pferde mit Mineralstoffmangel durch falsche Fütterung

Lahm oder klamm?

Je nach Empfindlichkeit des Pferdes kann sich eine Schale erst im fortgeschrittenen Stadium durch einen klammen Gang oder eine deutliche Lahmheit bemerkbar machen. Das Ausmaß der Lahmheit ist nicht immer ein Indikator für die Schwere der Knochenveränderung. Manche Pferde lahmen während der Arbeit, während andere erst ab einer bestimmten Belastungsgrenze lahmen.

Neben der Lahmheit gibt es weitere Anzeichen für eine Schale:

     •  Überwiegende Belastung der Trachten

     •  Entlastung der Vorderbeine (ähnlich der Sägebockhaltung bei Hufrehe)

     •  eingeschränkte Beugung im Gelenk

     •  Knochenharte Verdickungen am Kronsaum im fortgeschrittenen Stadium

Schale-Diagnostik: Mit Röntgen sicher erkennen

Die sichere Diagnose einer Schale erfolgt durch ein Röntgenbild, auf dem die erkrankten Knochenstrukturen gut zu erkennen sind. Weitere diagnostische Möglichkeiten sind

     •  Lokale Anästhesien zur Schmerzlokalisierung

     •  MRT, das genauere Rückschlüsse erlaubt, jedoch kostenintensiv ist

Die frühzeitige Erkennung von Knochenveränderungen ermöglicht bessere und vielfältigere Behandlungsmöglichkeiten. Das Fortschreiten der Schädigung kann wirksam verlangsamt oder sogar verhindert werden.

Schale Therapie: Leichte Bewegung und Naturheilkunde helfen

Zu Beginn einer Therapie sollte zunächst die auslösende Ursache - wie eine mechanische Reizung oder eine Fehlstellung - untersucht und gegebenenfalls korrigiert werden. Eine orthopädische Einlage kann beispielsweise helfen, das Gelenk zu entlasten und Entzündungsprozesse einzudämmen.

Mögliche Therapieformen:

     •  Schmerztherapie (lokale Antiphlogistika, Hyaluronsäure)

     •  Orthokintherapie (Eigenblutbehandlung zur Geweberegeneration)

Da es sich um eine chronische Erkrankung handelt, ist eine vollständige Heilung nicht möglich. Ziel der Behandlung ist es daher, Schmerzen und Entzündungen zu minimieren und ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.

Leichte Bewegung fördert die Heilung

Lahmende Pferde mit Schale sollten auf keinen Fall weiter geritten werden. Leichte Bewegung, wie z. B. Spaziergänge, kann jedoch hilfreich sein, da sie die Durchblutung verbessert und Entzündungsstoffe schneller abtransportiert werden.

Unterstützung durch Nahrungsergänzungsmittel

Zusätzlich können Nahrungsergänzungsmittel den Gelenkstoffwechsel unterstützen. Besonders geeignet sind

     •  Glucosamin

     •  Kollagen

     •  Chondroitin (natürlicher Gelenkbaustein)

Diese natürlichen Mittel fördern unter anderem die Produktion von Gelenkschmiere und tragen zur Gesunderhaltung des Bewegungsapparates bei.

Fazit: Früherkennung und gezielte Maßnahmen sind bei der Schale beim Pferd entscheidend

Schale beim Pferd ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die häufig mit Schmerzen und Lahmheit einhergeht. Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und die bestmögliche Behandlung einzuleiten. Da es sich um eine chronische Knochenveränderung handelt, ist Hufrehe nicht heilbar, kann aber mit gezielten Maßnahmen gut behandelt werden.

Die wichtigste Strategie besteht darin, die Ursache - wie Überlastung oder Fehlstellungen - zu beheben und das Wohlbefinden des Pferdes durch eine Kombination aus orthopädischem Beschlag, entzündungshemmender Therapie und gezielter Bewegung zu verbessern. Natürliche Ergänzungsfuttermittel können den Gelenkstoffwechsel zusätzlich unterstützen.

Der Pferdebesitzer sollte bei den ersten Anzeichen einer Lahmheit oder einer Gangunsicherheit stets aufmerksam sein, um frühzeitig eingreifen zu können. Mit der richtigen Behandlung und Belastungsanpassung kann ein Pferd mit Schale weiterhin ein beschwerdefreies Leben führen.

Autorin: Hanna Katrin Stephan, Tierärztin & Springreiterin, München