Muskelkater beim Pferd: Wenn die Muskeln brennen und das Training schmerzt
Können Pferde Muskelkater haben? Ja, genau wie Menschen. Nach einer ungewohnten oder besonders intensiven Belastung können Mikroschäden in der Muskulatur entstehen, die Schmerzen verursachen und die Leistungsbereitschaft einschränken. Besonders nach einem intensiven Training oder einem anstrengenden Wettkampf sind brennende Muskeln und Bewegungsunlust keine Seltenheit.
Ein verantwortungsbewusster Reiter sollte daher Anzeichen für Muskelkater erkennen, um Überforderung, Schmerzen und mögliche Folgeverletzungen zu vermeiden.
Was ist Muskelkater beim Pferd und welche Symptome gibt es?
Als Muskelkater bezeichnet man einen verzögert einsetzenden Muskelschmerz, der meist nach 12 bis 24 Stunden auftritt. Er entsteht durch winzige Mikrorisse in den Muskelfasern, die bei intensiver oder ungewohnter Belastung auftreten, beispielsweise nach einem Turnier, bei Tempowechseln oder nach Springeinheiten. Die betroffenen Muskeln sind druckempfindlich, weniger leistungsfähig und oft verhärtet.
Symptome von Muskelkater beim Pferd:
• Berührungsempfindlichkeit, besonders im Sattelbereich
• Unlust bei der Bewegung oder beim Satteln
• Steifheit beim Losreiten
• unklarer oder gebundener Gang
• Reaktion beim Putzen bestimmter Muskelpartien
• Schwierigkeiten beim Rückwärtsrichten
• verändertes Verhalten oder Widerstand beim Reiten
Welche Muskelpartien des Pferdes sind besonders betroffen?
Häufig zeigt sich Muskelkater beim Pferd an der Hinterhand, an den Schultern, im Rückenbereich und an den Knien. Die Muskeln werden besonders stark beansprucht, wenn das Pferd nach einem Sprung landet, plötzlich stoppt oder die Richtung wechselt, wenn ein junges Pferd zum ersten Mal angeritten wird oder wenn die Trainingsintensität beziehungsweise die Reitdisziplin geändert wird.
Vor allem untrainierte Pferde, ältere Tiere oder solche mit bestehenden muskulären Problemen reagieren empfindlich auf diese Trainingsreize. Auch lockere Kniebänder, deren Symptome sich oft in instabilen Bewegungsabläufen äußern, können zu einer ungleichmäßigen Belastung der Muskulatur führen und somit Muskelkater begünstigen.
Muskelkater oder Zerrung? – Abgrenzung und Warnzeichen
Es ist wichtig, einen harmlosen Muskelkater von ernsteren Verletzungen wie einer Muskelzerrung, Muskelverhärtung oder sogar einem Muskelfaserriss zu unterscheiden.
Achtung: Wenn die Symptome länger als vier bis sechs Tage anhalten oder das Pferd stark lahmt, muss ein Tierarzt hinzugezogen werden!
Symptome, die auf mehr als nur Muskelkater hindeuten können, sind:
• Deutliche Lahmheit oder Schwellungen
• anhaltende Druckschmerzhaftigkeit
• Wärmeentwicklung im Muskel
• Gänzlich verweigerte Bewegung
• Muskelzittern oder -verkrampfungen.
Ursachen: Warum entsteht Muskelkater beim Pferd?
Muskelkater nach dem Reiten tritt häufig auf, wenn die Muskeln überbeansprucht oder einseitig belastet wurden. Das passiert oft bei:
• zu schneller Trainingssteigerung
• fehlender Aufwärm- und Abkühlphase
• mangelnder Trainingsroutine.
• einem unpassenden Sattel oder Reitstil.
• Verspannungen durch Stress.
Besonders problematisch ist, dass sich der Muskel durch die Schmerzen reflexartig anspannt, was zu einer Art Teufelskreis führt. Der betroffene Muskel kann sich nicht entspannen und die Regeneration verzögert sich.
Was hilft bei Muskelkater beim Pferd?
Die wichtigste Maßnahme bei Muskelkater ist Ruhe, kombiniert mit gezielter Regeneration, die die Heilung unterstützt, ohne die Muskulatur weiter zu belasten. Auch das gezielte Lösen von Verspannungen spielt eine entscheidende Rolle, denn schmerzende Partien benötigen eine sanfte Aktivierung und gute Durchblutung, um sich erholen zu können.
Unterstützende Maßnahmen bei Muskelkater:
Wärme
Sie verbessert die Durchblutung und unterstützt den Abtransport von Stoffwechselrückständen aus der Muskulatur. Infrarotlampen, eine warme Pferdedecke oder gezielte Sonnenbäder lockern verspannte Muskeln und haben eine entspannende Wirkung.
Leichte Bewegung
Sanfte Bewegung hilft, die Muskeln in Gang zu bringen, ohne sie zu überfordern. Schrittführen an der Hand oder lockeres Longieren ohne Ausbinder und ohne hohe Anforderungen bringen die Durchblutung in Schwung, ohne zusätzliche Trainingsreize zu setzen.
Massage und manuelle Therapie
Gezielte Massagen durch erfahrene Therapeuten können helfen, Muskelverhärtungen zu lösen und schmerzhafte Partien zu entspannen. Auch physiotherapeutische Techniken wie Dehnungen oder Mobilisationen unterstützen die Regeneration und verbessern die Beweglichkeit.
Wechselduschen oder kühle Umschläge
Der Wechsel zwischen warm und kalt oder gezielte Kälteanwendungen lindern Schwellungen, fördern die Durchblutung und wirken entspannend auf überlastete Muskeln. Sie können besonders effektiv sein, wenn sie direkt nach dem Training eingesetzt werden.
Ruhephasen einhalten
Ein Pferd mit Muskelkater sollte nicht geritten werden. Die betroffenen Muskeln brauchen Zeit zur Erholung. Eine Belastung während dieser Phase kann die Beschwerden verschlimmern oder sogar zu ernsthaften Verletzungen führen.
Ernährung anpassen
Die richtige Fütterung ist entscheidend, damit sich die Muskulatur optimal regenerieren kann. Eine ausgewogene Versorgung mit hochwertigen Proteinen, Aminosäuren, Magnesium, Vitamin E und weiteren Mikronährstoffen unterstützt die Heilung der Muskeln und wirkt Muskelkater langfristig entgegen.
Muskelkater-Pferd-Zusatzfutter – sinnvoll oder überflüssig?
Eine gezielte Fütterung kann die Muskelregeneration unterstützen. Hochwertige Ergänzungsfuttermittel können dabei helfen, Entzündungen zu mildern und dem Pferd Nährstoffe für den Muskelaufbau bereitzustellen.
Achte dabei auf:
• Magnesium und Selen zur Muskelentspannung,
• Vitamin E als Zellschutz.
• Aminosäuren für die Regeneration.
• Omega-3-Fettsäuren zur Entzündungshemmung.
Wichtig: Zusatzfutter ersetzt keine Trainingspause, sondern unterstützt lediglich die Heilung.
Muskelkater beim Pferd vermeiden: Training mit System
Wer seinen Vierbeiner langfristig gesund und leistungsfähig halten möchte, sollte das Training stets individuell auf den aktuellen Trainingszustand, das Alter und die körperliche Verfassung des Pferdes abstimmen. Ein systematischer Aufbau, gepaart mit Achtsamkeit und Erfahrung, hilft dabei, Muskelkater beim Pferd wirksam zu vermeiden.
Tipps zur Vorbeugung:
1. Langsamer Trainingsaufbau – besonders bei jungen oder untrainierten Pferden
Gerade Pferde, die sich noch im Aufbau befinden, benötigen einen behutsamen Start. Junge oder längere Zeit nicht gearbeitete Pferde sollten Schritt für Schritt an neue Belastungen herangeführt werden. Zu schnelle Leistungssteigerungen überfordern die Muskulatur und führen fast zwangsläufig zu Muskelschmerzen beim Pferd oder Überlastung.
2. Regelmäßige Pausen zur Muskelregeneration
Zwischen zwei intensiven Trainingseinheiten braucht der Körper Zeit zur Erholung. Nur in der Regenerationsphase baut sich Muskulatur nachhaltig auf. Werden Pausen übergangen, erhöht sich das Risiko für Muskelkater nach dem Reiten, Leistungseinbrüche und sogar Verletzungen.
3. Abwechslungsreiches Training statt einseitiger Belastung
Monotone Bewegungsabläufe beanspruchen immer die gleichen Muskelgruppen. Das führt auf Dauer zu muskulären Dysbalancen, Verspannungen oder Muskelverhärtung beim Pferd. Durch Abwechslung – z. B. Longieren, Cavaletti-Arbeit, Bodenarbeit oder Geländereiten – werden unterschiedliche Muskelgruppen gleichmäßig trainiert und übermäßige Belastung einzelner Partien vermieden.
4. Sorgfältiges Aufwärmen und Abreiten
Wie beim Menschen gilt auch für Pferde: Kalte Muskeln sind verletzungsanfälliger. Ein ausführliches Schritt-Reiten zu Beginn jeder Einheit bringt Kreislauf und Muskulatur in Schwung. Nach dem Training sollte das Pferd ausreichend Zeit zum ruhigen Abwärmen haben, um Muskelbrennen und Spannungen vorzubeugen.
5. Auf gut sitzendes Equipment achten
Ein schlecht passender Sattel oder rutschendes Zaumzeug kann Druckstellen und Fehlbelastungen verursachen. Das führt häufig zu Verspannungen und punktuellen Muskelschmerzen beim Pferd – vor allem im Rückenbereich. Regelmäßige Sattelanpassungen und die Kontrolle des gesamten Equipments sind daher unerlässlich.
6. Stressvermeidung – mentale Anspannung kann körperliche Verspannung auslösen
Pferde sind sensible Wesen. Nervosität, Zeitdruck oder ständiger Leistungsdruck wirken sich negativ auf das gesamte Muskel- und Fasziensystem aus. Ein gestresstes Pferd zeigt häufiger Muskelkater Symptome – oft auch ohne direkte körperliche Überforderung. Ruhe, klare Kommunikation und Vertrauen zwischen Pferd und Reiter sind daher ebenso wichtig wie ein gutes Trainingskonzept.
So bleibt die Muskulatur deines Pferdes geschmeidig, funktional und gesund – die beste Grundlage für langfristige Leistungsfreude, Trainingsfortschritte und ein harmonisches Miteinander.
Wenn du möchtest, gestalte ich daraus auch gerne eine Broschürenseite oder ein Infoposter zum Aushang im Stall!
Fazit: Muskelkater ist Teil des Trainings – aber kein harmloses Detail
Reiten mit Muskelkater ist für dein Pferd unangenehm und kontraproduktiv. Nimm dir die Zeit, dein Pferd individuell zu fördern – mit einem sinnvollen Trainingsplan, einer passenden Fütterung und Raum zur Regeneration beim Pferd.
Nur wer die Signale richtig deutet, kann verhindern, dass aus harmlosen Schmerzen ernsthafte Muskelschäden beim Pferd entstehen.
Denn: Gesunde Muskeln bedeuten langfristige Leistungsfreude – für Pferd und Reiter.
© Autorin: Hanna Katrin Stephan - Tierärztin in München (überarbeitet)
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